Shivas Schreibtipp #15: Nicht-Erzählen

Erzählen durch Nicht-Erzählen? Im Grunde eine Abwandlung des in Schreibratgebern gern zitierten Leitspruchs »Show, don´t tell«. Er fordert grob umrissen den Autor dazu auf, eine Situation nicht zu beschreiben, sondern sie mittels Dialogen und Handlung geschehen zu lassen.
Statt also plump zu sagen, dass zwei Menschen einen erbitterten Streit haben, sollten sie sich lieber gegenseitig anbrüllen und mit Geschirr werfen. Das macht die Geschichte zum einen lebendiger und hilft dem Leser zum anderen, sich besser in sie und die Figuren hineinzuversetzen. Außerdem liefert es den beiden einen vernünftigen Grund, bei IKEA vorbeizuschauen.
Das Prinzip kann aber auf weit mehr als bloß Dialoge und Handlungen angewendet werden. Praktisch jeder Gegenstand, jedes Molekül und jedes Lebewesen ist dazu geeignet, als Erzählelement zu dienen. Selbst ein unbedeutendes Staubkörnchen. Ja, das ist wörtlich gemeint! Beweis gefällig?

 »In dem einzelnen kleinen Sonnenstrahl, der durch die Jalousien in die Küche fiel, tanzte ein Staubkorn. Es war eins von vielen, die den Raum eroberten, nachdem er nicht mehr für seinen ursprünglichen Zweck genutzt wurde. Zusammen mit den hundert leeren Pizzaschachteln, die sich in der Spüle stapelten.«

Ich gebe zu, in diesem Fall sind die Pizzaschachteln irgendwie aussagekräftiger als das Staubkorn. Trotzdem kann man aus der Beschreibung schließen, dass hier jemand, vor einiger Zeit eine Trennung durchgemacht hat, mit der er eher suboptimal zurechtkommt.
Weitere Dinge, die ganz passable Erzählelemente abgeben, wären zum Beispiel ein Notizzettel, ein Buch mit signifikantem Titel, Musik, Werkzeug (denn das erfüllt meist einen bestimmten Zweck), Kleidung oder vielleicht eine vertrocknete Pflanze. Ihr könnt außerdem ein Haustier einbauen (das sein Herrchen vermisst?) oder Ameisen an etwas vorbeimarschieren lassen. Seid kreativ und nutzt die Kulisse, um eure Geschichte zu erzählen …  


„Schlafen durch nicht wach sein …“